Einleitung
Normkapitel 4 – Kontext der Organisation der DIN EN ISO 9001:2015 legt den Grundstein für ein wirksames Qualitätsmanagementsystem, indem es Organisationen dazu auffordert, den Kontext zu verstehen, in dem sie tätig sind. Das Ziel dieses Kapitels ist es, sicherzustellen, dass Unternehmen die internen und externen Faktoren, die Anforderungen interessierter Parteien sowie den Anwendungsbereich ihres QM-Systems systematisch ermitteln und berücksichtigen. Warum ist das so wichtig? Nur wenn eine Organisation versteht, welche Einflüsse auf sie einwirken, welche Erwartungen an sie gestellt werden und was genau ihr QM-System abdecken soll, kann sie es gezielt auf ihre spezifische Situation ausrichten. Dadurch wird das QM-System zu einem wirkungsvollen Werkzeug, um die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu sichern, Kundenzufriedenheit zu erreichen und sich in einem dynamischen Umfeld zu behaupten.Dieser Blogbeitrag erläutert im Detail, was Kapitel 4 der ISO 9001:2015 von Organisationen verlangt und wie die Anforderungen in der Praxis umgesetzt werden können. Dazu gehen wir auf folgende Aspekte ein:
- Verstehen der Organisation und ihres Kontextes
- Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien
- Festlegen des Anwendungsbereichs des Qualitätsmanagementsystems
- Qualitätsmanagementsystem und seine Prozesse
Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie Sie mit einem soliden Verständnis Ihres Organisationskontextes den Grundstein für ein schlagkräftiges QM-System legen, das Ihr Unternehmen verlässlich zum Erfolg führt. Auch praktische Umsetzungsmöglichkeiten werden wir beschreiben.
Normkapitel 4.1: Verstehen der Organisation und ihres Kontextes
Zusammenfassung
Gemäß Kapitel 4.1 der ISO 9001:2015 muss eine Organisation die internen und externen Themen bestimmen, die für ihren Zweck und ihre strategische Ausrichtung relevant sind und sich auf ihre Fähigkeit auswirken, die beabsichtigten Ergebnisse ihres Qualitätsmanagementsystems zu erreichen.
Was bedeutet das konkret?
Organisationen müssen systematisch analysieren, welche Faktoren aus ihrem Umfeld Einfluss auf das QM-System haben können. Dazu gehören beispielsweise:
- Interne Themen wie Unternehmenskultur, Werte, Wissen und Leistung der Organisation
- Externe Themen wie rechtliche, technologische, wettbewerbsbezogene, marktbezogene, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Diese Themen können auf internationaler, nationaler, regionaler oder lokaler Ebene relevant sein. Entscheidend ist, dass die Organisation ein klares Verständnis darüber erlangt, was ihre Zweckbestimmung und strategische Ausrichtung beeinflusst.
Wie kann die Umsetzung in der Praxis erfolgen?
Es gibt verschiedene etablierte Methoden, um den Kontext einer Organisation zu analysieren. Zwei häufig verwendete Ansätze sind die SWOT- und die PESTEL-Analyse:
- SWOT-Analyse: Hierbei werden Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) der Organisation identifiziert und bewertet. Dies hilft, interne und externe Einflussfaktoren zu verstehen.
- PESTEL-Analyse: Diese Methode untersucht die politischen, wirtschaftlichen (economic), sozialen, technologischen, ökologischen (environmental) und rechtlichen (legal) Rahmenbedingungen. Sie eignet sich besonders zur Analyse des externen Umfelds.
Wichtig ist, dass die Erkenntnisse aus der Kontext-Analyse in das QM-System einfließen. Die Organisation sollte ihre Strategie, Ziele und Prozesse darauf ausrichten. Zudem ist es sinnvoll, den Kontext regelmäßig zu überprüfen, um auf Veränderungen reagieren zu können.Ein gut verstandener Organisationskontext bildet die Grundlage für ein QM-System, das optimal auf die individuellen Gegebenheiten und Herausforderungen des Unternehmens zugeschnitten ist. Nur so kann es seine volle Wirksamkeit entfalten und zum Erfolg der Organisation beitragen.
Normkapitel 4.2: Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien
Zusammenfassung
Gemäß Kapitel 4.2 der DIN EN ISO 9001:2015 muss eine Organisation die interessierten Parteien bestimmen, die für ihr Qualitätsmanagementsystem relevant sind, sowie deren Anforderungen an das QM-System.
Was bedeutet das konkret?
Interessierte Parteien sind alle Personen oder Organisationen, die von den Aktivitäten, Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens betroffen sind oder diese beeinflussen können. Dazu gehören beispielsweise:
Interessierte Partei | Interessen der Parteien |
---|---|
Kunden und Endverbraucher | Produktqualität und -sicherheit |
Eigentümer und Investoren | Nachhaltige profitabilität, Transparenz und Information |
Mitarbeiter | Gute Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzsicherheit, Anerkennung und Entgelt |
Lieferanten und Partner | Termintreue und Lieferfähigkeit |
Gesellschaft und Öffentlichkeit | Umweltschutz und soziale Verantwortung, |
Behörden und Regulierungsstellen | Einhaltung von Gesetzen und Normen |
Organisationen müssen systematisch ermitteln, wer ihre interessierten Parteien sind und welche Erwartungen und Anforderungen diese an das QM-System haben.
Wie kann die Umsetzung in der Praxis erfolgen?
Um die Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien zu verstehen, können Organisationen verschiedene Methoden nutzen, wie zum Beispiel:
- Stakeholder-Analyse: Hierbei werden alle relevanten interessierten Parteien identifiziert und ihre Interessen, Einflüsse und Beziehungen zur Organisation bewertet.
- Befragungen und Feedbacksysteme: Durch Kundenbefragungen, Lieferantengespräche oder Mitarbeiterumfragen können Erwartungen direkt erhoben werden.
- Auswertung von Informationsquellen: Auch Kundenreklamationen, Marktanalysen, Gesetze oder Medienberichte geben Aufschluss über die Anforderungen interessierter Parteien.
Die Norm fordert keine schriftliche Dokumentation dieser Anforderung. Lediglich, dass die Unternehmensführung diese Themen berücksichtigt. Natürlich kann man diese auch dokumentieren. Die ermittelten Anforderungen, sollten in die Planung und Durchführung des QM-Systems einfließen, zum Beispiel bei der Festlegung von Qualitätszielen, Prozessen und Ressourcen. Durch das Verständnis und die Berücksichtigung der Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien stellt eine Organisation sicher, dass ihr QM-System nicht nur intern, sondern auch extern wirksam und relevant ist. So kann sie das Vertrauen ihrer Stakeholder gewinnen und langfristige Beziehungen aufbauen – eine wichtige Grundlage für nachhaltigen Erfolg.
Normkapitel 4.3: Festlegen des Anwendungsbereichs des Qualitätsmanagementsystems
Zusammenfassung
Gemäß Kapitel 4.3 der DIN EN ISO 9001:2015 muss eine Organisation den Anwendungsbereich ihres Qualitätsmanagementsystems (QMS) festlegen und dokumentieren. Dabei müssen die in Kapitel 4.1 und 4.2 ermittelten internen und externen Themen sowie die Anforderungen interessierter Parteien berücksichtigt werden.
Was bedeutet das konkret?
Der Anwendungsbereich definiert die Grenzen und die Anwendbarkeit des QM-Systems. Er legt fest, welche Produkte, Dienstleistungen, Standorte und Abteilungen vom QM-System abgedeckt werden und welche nicht. Organisationen müssen dabei Folgendes beachten:
- Der Anwendungsbereich muss mit dem Kontext der Organisation (Kapitel 4.1) und den Anforderungen interessierter Parteien (Kapitel 4.2) abgestimmt sein.
- Er muss die Fähigkeit oder Verantwortung der Organisation zur Erfüllung der Anforderungen interessierter Parteien und geltender gesetzlicher und behördlicher Anforderungen berücksichtigen.
- Alle Anforderungen der ISO 9001:2015 müssen angewendet werden, sofern sie im festgelegten Anwendungsbereich relevant sind.
Die klare Festlegung des Anwendungsbereichs ist wichtig, um den Fokus und die Grenzen des QM-Systems zu definieren und Missverständnisse zu vermeiden.
Wie kann die Umsetzung in der Praxis erfolgen?
Organisationen können den Anwendungsbereich ihres QM-Systems wie folgt festlegen und dokumentieren:
- Analyse des Organisationskontexts: Berücksichtigen Sie die in Kapitel 4.1 ermittelten internen und externen Themen, die für Ihr QM-System relevant sind.
- Einbeziehung interessierter Parteien: Beziehen Sie die in Kapitel 4.2 identifizierten Anforderungen und Erwartungen interessierter Parteien ein.
- Definition des Anwendungsbereichs: Legen Sie fest, welche Produkte, Dienstleistungen, Standorte und Abteilungen vom QM-System abgedeckt werden. Berücksichtigen Sie dabei Ihre Fähigkeit zur Erfüllung der identifizierten Anforderungen.
- Dokumentation: Dokumentieren Sie den festgelegten Anwendungsbereich in Ihrem QM-Handbuch oder einem anderen relevanten Dokument. Stellen Sie sicher, dass der Anwendungsbereich für interessierte Parteien verfügbar und zugänglich ist.
- Überprüfung und Aktualisierung: Überprüfen und aktualisieren Sie den Anwendungsbereich regelmäßig, insbesondere wenn sich Änderungen im Kontext der Organisation oder in den Anforderungen interessierter Parteien ergeben.
Ein klar definierter und dokumentierter Anwendungsbereich schafft Transparenz und Vertrauen bei interessierten Parteien. Er hilft der Organisation, ihr QM-System gezielt auszurichten und seine Wirksamkeit sicherzustellen.
Normkapitel 4.4: Qualitätsmanagementsystem und seine Prozesse
Zusammenfassung
Gemäß Kapitel 4.4 der ISO 9001:2015 muss eine Organisation ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) einführen, verwirklichen, aufrechterhalten und fortlaufend verbessern. Dazu gehört die Festlegung der benötigten Prozesse und ihrer Wechselwirkungen.
Was bedeutet das konkret?
Ein Qualitätsmanagementsystem ist ein Satz von zusammenhängenden Elementen, die dazu dienen, die Qualitätspolitik und -ziele einer Organisation zu etablieren und zu erreichen. Es umfasst Strukturen, Programme, Verfahren, Prozesse und Ressourcen.Die Organisation muss die für das QMS benötigten Prozesse und ihre Anwendung in der gesamten Organisation festlegen. Dabei sollte sie:
- die erforderlichen Eingaben und erwarteten Ergebnisse dieser Prozesse bestimmen
- die Abfolge und Wechselwirkung dieser Prozesse festlegen
- Kriterien und Methoden festlegen, um das wirksame Durchführen und Lenken dieser Prozesse sicherzustellen
- die erforderlichen Ressourcen und Informationen für diese Prozesse sicherstellen
- die Prozesse überwachen, messen und analysieren
- Maßnahmen zum Erreichen geplanter Ergebnisse und zur ständigen Verbesserung der Prozesse ergreifen
Durch die Verwirklichung dieser Anforderungen stellt die Organisation sicher, dass ihr QMS als zusammenhängendes System funktioniert und kontinuierlich verbessert wird.
Wie kann die Umsetzung in der Praxis erfolgen?
Um ein wirksames QMS aufzubauen und zu verwalten, können Organisationen folgende Schritte unternehmen:
- Identifizierung der Kernprozesse: Bestimmen Sie die Hauptprozesse, die für die Bereitstellung Ihrer Produkte oder Dienstleistungen erforderlich sind, wie z.B. Produktentwicklung, Produktion, Vertrieb und Kundendienst.
- Festlegung der Prozessabfolge und -wechselwirkungen: Definieren Sie, wie die Prozesse zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Hilfreich sind hier Flussdiagramme oder Prozesslandschaftskarten.
- Definition von Prozesskriterien und -methoden: Legen Sie für jeden Prozess Leistungsindikatoren, Zielwerte und Kontrollmethoden fest, um seine Wirksamkeit zu steuern und zu überwachen.
- Zuweisung von Ressourcen und Verantwortlichkeiten: Stellen Sie sicher, dass jeder Prozess mit den nötigen Ressourcen (Personal, Ausrüstung, Information) ausgestattet ist und dass klare Verantwortlichkeiten definiert sind.
- Überwachung, Messung und Analyse: Erheben und analysieren Sie regelmäßig Daten über die Prozessleistung, um Probleme zu erkennen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.
- Kontinuierliche Verbesserung: Setzen Sie die gewonnenen Erkenntnisse um, um die Prozesse fortlaufend zu optimieren und an veränderte Anforderungen anzupassen.
Durch die systematische Anwendung des Prozessansatzes kann eine Organisation ihr QMS als integriertes System aufbauen und steuern. So wird sichergestellt, dass alle Aktivitäten aufeinander abgestimmt sind und effektiv zusammenarbeiten, um die Qualitätsziele zu erreichen und die Kundenzufriedenheit zu verbessern.